Abfrage eines Konzepts zur Materialbewirtschaftung (Rev. Gianni)
Das Kriterium hat zum Ziel, einen Nachhaltigen Umgang mit Baustoffen und Materialien zu fördern und die angedachte Vorgehensweise des Anbieters zu bewerten. Die Abfrage des Kriteriums ermöglicht es zudem, unter Einbezug des Wissens und der Erfahrung der Anbieter, gewisse Projektaspekte in der Realisierung bezüglich Nachhaltigkeit zu optimieren.
Geforderte Nachweise
Kriterien | Geforderter Nachweis | |
---|---|---|
Z1 | Preis |
Rechtsgültig unterschriebenes Preisblatt / Leistungsverzeichnis |
Z2 | Abfrage Konzept Materialbewirtschaftung |
Die Anbieterin zeigt im "Konzept Materialbewirtschaftung" (zu erstellendes Anbieterdokument) auf, wie die geforderten Leistungen in Hinblick auf die Themen Arbeitsprozesse, Flächennutzungen, Verkehrsführung, Transporte, Beschaffungs-, Produktions- und Entsorgungslogistik erbracht werden. Details zum Konzept Lärmschutz sind in Kapitel [Querverweis durch ausschreibende Stelle hier ergänzen] beschrieben. |
Z3 | weitere Qualitätskriterien |
... |
Abfrage
Die Abfrage des Kriteriums kann z.B. über ein Textfeld, in welchem der Anbieter seine Angaben einfügt, oder über eine separate (durch den Anbieter zu erstellende) Dokumentbeilage erfolgen.
Es ist sinnvoll bei der Abfrage des Kriteriums die wichtigen Anforderungen zu formulieren. Dies hilft den Anbietern dabei zu verstehen, welche Überlegungen gewünscht sind und welcher Umfang die Stellungnahme haben soll. Darüber hinaus wird die Bewertung der Angebote einfacher und für Dritte nachvollziehbarer sowie transparenter.
Die nachfolgenden Anforderungen dienen als Beispiel und sollte für jedes Projekt individuell angepasst werden. Dabei können und sollten auch projektspezifisch relevante Fragestellungen formuliert werden, zu welchen eine Stellungnahme gefordert wird. Die Anforderung an Umfang und Inhalt des geforderten Konzepts ist basierend auf der Projektgrösse und Komplexität anzupassen.
Die Anbieterin zeigt anhand eines Materialbewirtschaftungskonzepts auf, wie die geforderten Leistungen in Hinblick auf einen nachhaltigen Umgang mit Baustoffen und Materialien erbracht werden.
Die zu behandelnden Themen umfassen:
- Materialanfall z.B. von Boden-, Aushub- und Ausbruchsmaterial oder Abfall
- Materialbedarf z.B. Kies, Asphalt, Beton
- Materialflüsse, Materialbilanz
- Eigenschaften der Materialien, z.B. Körnung, Belastung, Dichte
- Umgang mit Materialien, z.B. Triage, Sortierung, Verwertung im Projekt, Umgang mit nicht-verwertbarem Material
- Zwischenlagerung, Umschlagmengen, Platzbedarf
- Transporte, Transportrouten, Bestimmungsorte, z.B. Anzahl Fuhren
Die zu beantwortenden Fragestellungen umfassen:
- Welche Probleme könnten bei der im Projekt beschriebenen Vorgehensweise (ggf. mit Verweis auf Dokument, Kapitel) bezüglich Materialbewirtschaftung entstehen? Wie beurteilen Sie die Umsetzbarkeit?
- Wie könnten lokal anfallende Baustoffe lokal wiederverwendet werden?
- Wie könnten Optimierungen an der Materialbewirtschaftung vorgenommen werden? Wie wirken sich diese auf die Nachhaltigkeit des Projekts aus?
Seitens Anbieter sind dabei:
- Konzeptionelle Überlegungen darzulegen
- Lösungswege aufzuzeigen
- Alternativen aufzuzeigen
- Erfahrungen aus anderen Projekten in die Beurteilung beizuziehen
- Ein Materialbilanz zu erstellen
Anforderungen an das Materialbewirtschaftungskonzept sind :
- max. 2-3 A4 Seiten inkl. Tabellen/Abbildungen.
- Kurze präzise und eindeutige Aussagen. Die Beurteilung sollte effizient möglich sein.
- Klare und sinnvolle Gliederung, übersichtliche Darstellung
- Zweckmässiger Einsatz von Text, Tabellen, Grafiken
- Darstellung in einem separaten Dokument des Anbieters.
Bewertung
Als qualitatives Kriterium kann das "Konzept Materialbewirtschaftung" mittels einer Notenskala bewertet werden. Ein Beispiel einer solchen Notenskala (z.B. 0-5) ist nachfolgend dargestellt. Weiterführende Informationen zur Bewertung sind Leitfaden Beschaffung Werkleistungen der KBOB Anhang 1 zu finden.
Note | Erfüllung der Kriterien | Angaben des Anbietenden | |
---|---|---|---|
5 | sehr gut erfüllt | Inhalte: Alle zu beantwortenden Fragestellungen und zu behandelnden Themen sind in angemessener Bearbeitungstiefe abgedeckt. Viele zusätzliche, nicht geforderte Aspekte, welche vollständig nachvollziehbar für die Bedarfsstelle einen Zusatznutzen oder Mehrwert im Sinne des Beschaffungsgegenstandes generieren. Die Ausführungen zeugen von einer vertieften Auseinandersetzung mit der Fragestellung sowie von einer hohen Kompetenz des Anbieters. Es sind innovative, sinnvolle und umsetzbare Optimierungsvorschläge im Sinne der Nachhaltigkeit vorhanden. | |
4 | gut erfüllt |
Inhalte: Einige zusätzliche, nicht geforderten Aspekte im Angebot enthalten, welche vollständig nachvollziehbar für die Bedarfsstelle einen Zusatznutzen oder Mehrwert im Sinne des Beschaffungsgegenstandes und der Nachhaltigkeit generieren. Form: gut bzgl. Sprache, Gliederung und Darstellung. |
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3 | erfüllt |
Inhalte: Sämtliche geforderten Aspekte wurden im Angebot gespiegelt, sind vollständig nachvollziehbar und mit Verweisen versehen. ODER wenige Aspekte wurden im Angebot nicht gespiegelt. Dafür sind nicht geforderte, zusätzliche Aspekte im Angebotspreis enthalten, welche vollständig nachvollziehbar und mit Verweisen versehen sind und für die Bedarfsstelle die nicht-gespiegelten Aspekte kompensieren. Form: Zweckmässig bzgl. Darstellung, Sprache und Gliederung. |
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2 | schlecht erfüllt |
Inhalte: Nur Teile der geforderten Aspekte wurden im Angebot gespiegelt ODER die gespiegelten Aspekte sind nicht klar nachvollziehbar ODER die Spiegelungen und Verweise sind nicht klar lokalisierbar. Form: knapp akzeptabel bzgl. Sprache, Gliederung und Darstellung. Einigermassen verständlich. |
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1 | sehr schlecht erfüllt |
Inhalte: Die zu beantwortenden Fragestellungen und zu behandelnden Themen sind zu grossen Teilen nicht abgedeckt. Die beschriebenen Aspekte sind nicht klar nachvollziehbar. Es sind sehr viele Fragen offen. Form: unklare, nicht nachvollziehbare Gliederung, unübersichtliche Darstellung, unklare, diffuse, mehrdeutige Aussagen, schlechter oder fehlender Einsatz von Tabellen und Grafiken |
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0 | nicht beurteilbar | Fehlende Unterlagen oder Angaben, die zur Prüfung und Bewertung der Zuschlagskriterien erforderlich wären. |
Gewichtung im Gesamtkontext
Bei der Wahl der relativen Gewichtung der Zuschlagskriterien ist unter anderem die Schwierigkeit des Vorhabens massgebend.
Gemäss KBOB (Leitfaden zur Beschaffung von Werkleistungen – Anhang 1, Ziffer 2.2) sind bei Werkleistungen mit vergleichsweise einfachen Anforderungen die direkt preisbezogenen Kriterien höher zu gewichten, während mit zunehmender Komplexität der Leistungen die Qualitätskriterien an Bedeutung gewinnen und höher zu gewichten sind. Insbesondere bei Aufgaben mit noch vielen offenen Randbedingungen rechtfertigt es sich, den Preis tiefer zu gewichten und primär auf die Qualität abzustellen.
Die nachfolgende Tabelle zeigt eine empfohlene Bandbreite in der Wahl der Gewichtungsfaktoren auf.
Kriterien | Gewichtung | Note | N x G = P | |||
---|---|---|---|---|---|---|
Z1 | Angebotspreis | 60 - 80 (auszuwählen)% | 40 - 60 (auszuwählen)% | 30 - 40 (auszuwählen)% | [...] | [...] |
Z2 | Baustellenlogistik | |||||
Z2.1 | Konzept Baustellenlogistik | 10% | 14% | 18% | [...] | [...] |
Z3 | weitere Qualitätskriterien | 30% | 46% | 52% | [...] | [...] |
Total | 100% | [...] | [...] |
Erläuterungen
1. Hintergrund
Beim Bau werden grossen Mengen an Materialien rückgebaut, aufbereitet, verschoben, transportiert, verbaut oder auch deponiert. Der Umgang mit Aushub und Abbruchmaterialien hat beispielsweise grossen Einfluss auf die Umwelt. Auch durch die Reduktion der Transportwege oder die Wiederverwertung von Baustoffen können die Umweltauswirkungen eines Projekts reduziert werden. Im Materialbewirtschaftungskonzept (MBK) werden i.d.R. folgende Themen behandelt (Liste nicht abschliessend):
- Materialanfall z.B. von Boden-, Aushub- und Ausbruchsmaterial oder Abfall
- Materialbedarf z.B. Kies, Asphalt, Beton
- Materialflüsse, Materialbilanz
- Eigenschaften der Materialien, z.B. Körnung, Belastung, Dichte
- Umgang mit Materialien, z.B. Triage, Sortierung, Verwertung im Projekt, Umgang mit nicht-verwertbarem Material
- Zwischenlagerung, Umschlagmengen, Platzbedarf
- Transporte, Transportrouten, Bestimmungsorte, z.B. Anzahl Fuhren
- Weitere…
2. Herausforderungen, Hinweise zur Anwendung
- Die Bezeichnungen Materialbewirtschaftungskonzept und Abfallbewirtschaftungskonzept werden in der Praxis je nach Kontext und Inhalte der Konzepte ähnlich verwendet.
- Ein Materialbewirtschaftungskonzept kann eine unterschiedliche Bearbeitungstiefe aufweisen. In der Praxis kann die Dokumentation daher von wenigen Seiten bis zu einem umfassenden Bericht reichen. Die Grösse und die Komplexität des Projekts sind hierbei auch entscheidend. Ist ein Projekt UVP-pflichtig, ist ein Materialbewirtschaftungskonzept i.d.R. Pflicht. Überlegungen zur Materialbewirtschaftung sollten grundsätzlich stufengerecht entsprechend dem Detaillierungsgrad der aktuellen Phase des Projekts erstellt werden. Ein umfassendes Materialbewirtschaftungskonzept wird in der Regel, sofern erforderlich, in der Bauphase durch einen Planer mit Fachwissen im Bau- und Umweltbereich erstellt. Die Erarbeitung ist daher eine eigenständige Dienstleistung.
- Die Verwendung respektive die Abfrage eines Materialbewirtschaftungskonzepts als Zuschlagskriterium in einer Submission bedeutet, dass von den Anbietern die Erstellung eines Materialbewirtschaftungskonzepts als Teil der Angebotsunterlagen verlangt wird. Da der Aufwand für den Anbieter verhältnismässig sein muss, und die Arbeiten nicht gesondert vergütet werden, handelt es sich hierbei i.d.R. um eine eher kurze und konzeptionelle Auseinandersetzung mit den Themen der Materialbewirtschaftung. Die Bearbeitungstiefe sollte sich in Grenzen halten und entspricht nicht derjenigen eines vertieften Materialbewirtschaftungskonzepts, welches als eigenständige Studie beauftragt wird.
- Sollte bereits ein Materialbewirtschaftungskonzept bereits vorhanden sein (z.B. für ein grösseres Projekt), kann beispielsweise eine Stellungnahme mit Optimierungsvorschlägen zum vorgesehenen Umgang mit Material abgefragt werden.
3. Sicherstellung Umsetzung im Bau
Die Angaben aus dem Materialbewirtschaftungskonzept haben per se keinen rechtsverbindlichen Charakter. Wenn bestimmte Vorgehensweisen aufgrund des Materialbewirtschaftungskonzepts verbindlich eingefordert werden sollen, sind sie z.B. in einer Beilage zum Werkvertrag explizit festzuhalten.
Die Sicherstellung während der Umsetzung erfolgt durch die Bauleitung oder bei grossen Projekten auch durch eine dedizierte Umweltbaubegleitung.
4. Quellennachweis zum Kriterium
- Wichtige gesetzliche Grundlagen bilden hierbei folgende Dokumente:
- BUWAL, Wegleitung Abfall- und Materialbewirtschaftung bei UVP-pflichtigen und nicht UVP-pflichtigen Projekten Abfall (Bern, 2003)
- Beispiel eines umfassenden Materialbewirtschaftungskonzepts: CSD Ingenieure: Materialbewirtschaftungskonzept LaUP!en, Verkehrssanierung, Online Zugriff 24.01.24, (10.08.2018)
Impressum:
Ansprechpartner Toolbox Nachhaltigkeit | SBV Baumeisterverband Christian Durrer (Projektleiter) christian.durrer@baumeister.ch |
Inhaltliche Mitwirkung am vorliegenden Kriterium | CSI Consulting AG Gianni Pedrazzini gianni.pedrazzini@csiconsulting.ch |
5. Rechtliche Aspekte
- Da es sich um ein qualitatives Kriterium handelt ist es im Sinne einer objektiven Beurteilung wichtig, dass die Bewertung unabhängig durch mehrere Personen im Evaluationsteam erfolgt, gemeinsam diskutiert und somit breit abgestützt ist.
- Die Bewertung sollte zudem nachvollziehbar dokumentiert und begründet werden, dies ist insbesondere bei Einsprachen zum Zuschlagsentscheid wichtig.
- Um einzelne Angaben auch in der Umsetzung klar verbindlich sind empfiehlt es sich, diese in die Verträge aufzunehmen oder das Dokument als Teil der Vertragsunterlagen aufzuführen.
- Grundsätzlich sollte jeder Aspekt nur einmal bewertet werden. Führen beispielsweise tiefere Elektrizitätskosten bereits zu einer Bevorzugung im Preis-Leistungs-Verhältnis, so ist von einer erneuten Bewertung desselben Gesichtspunktes in Form eines Qualitätskriteriums abzusehen.